Archiv für das Tag 'Walldorf'

Max von Eicken

Ueberfall im Buero

Vorgeschichte: Am Mittwoch habe ich Steffen kennengelernt, er ist aus Walldorf angereist und sitzt hier in meiner Naehe. Er ist gekommen um seine Kollegen mal in real zu sehen und einige Dinge zu besprechen, er wird eine Woche hier sein. Gestern, am Donnerstag raschelt es ploetzlich und Steffen packt etwas aus einem grossen Rucksack aus. Innerhalb von einer Minute stehen schon ein paar Inder an seinem Schreibtisch und begutachten die Schokolade, die er auspackt. Dann geht eine Mail mit dem Betreff “Chocolate @ Steffen’s desk, E2.192″ an einen relativ grossen Verteiler…
Was danach passiert ist, habe ich bis dahin nur in Fernsehwerbung gesehen :-D In weniger als 5 Minuten sind um die 40 Inder an den Tisch gerannt und haben sich bedient! Uebrig geblieben sind kleinste Mengen Gummibaerchen, die 4kg Schokolade waren weg…
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Kurz danach, nur zum Vergleich:

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Max von Eicken

I.S.T. – Indian strechable time…

Passend zum Thema, gibts jetzt rechts eine Uhr, die meine Ortszeit hier in Bangalore zeigt. Nun ja, heute wollte ich mal ein paar der kleinen witzigen Erlebnisse aus einem neuen Kulturkreis loswerden… Das beginnt eigentlich schon morgens, wenn man auf den Bus wartet: Ich bin der einzige der wartet – klingt jetzt komisch, aber ich habe den Eindruck die Inder warten nicht auf den Bus. Normalerweise soll der um 7:10Uhr kommen – abhaengig vom Verkehr kommt er meistens irgendwann zwischen 7:15h und 7:30h, aber ich glaube man empfindet das hier nicht als Wartezeit.
Aehnlich ist das, wenn ich dann morgens in der Kantine mein Fruehstueck bestelle… Ich sage, was ich moechte – der Verkaeufer “wippt” mit dem Kopf (beruehrt mal mit eurem linken Ohr die linke Schulter, dann mit dem rechten Ohr die rechte Schulter und zurueck – so nur nicht ganz so extrem), damit meint er dasselbe, wie ein Deutscher, wenn er nickt. Mehr passiert erstmal nicht. Dann kommen einige andere, die auch bestellen; manche zahlen direkt, andere nicht. Der Verkaeufer geht mal ein paar Tassen Tee holen, gibt sie einem der anderen – ich druecke ihm mein Geld in die Hand. Wieder kommen ein paar andere und bestellen etwas – der Verkaeufer fuehlt sich nun mal genoetigt in die Kueche zu gehen und was zu bestellen… Dann steht er wieder ein paar Minuten in der Landschaft rum – verschwindet, kommt mit einem Nudelgericht zurueck, das kriegt einer der anderen. Er verkauft wieder ein paar Tassen Tee, kassiert noch ein paar Leute ab. Und insgesamt ca. 10 Minuten nach meiner Bestellung bringt er mir mein Sandwich! Nun ja, vieleicht braucht das Sandwich lange, weils frisch gemacht wird? Ich war inzwischen auch mal in einer anderen Kantine, die auch nicht schneller arbeitet, aber dort kann man zuschauen, wie das Sandwich entsteht – wenn mal einer anfaengt daran zu arbeiten, ist es in 2 Minuten fertig. :-D
Waehrend dem Fruehstueck konnte ich gestern einen anderen Angestellten der Kantine dabei beobachten, wie er die Theke dekoriert: dort stehen immer 5 Koerbe mit unterschiedlichen Fruechten. Er hat sich insgesamt 10 Minuten (so lange ich gegessen habe) damit beschaeftigt, die Koerbe immer wieder in einer anderen Reihenfolge aufzustellen. Wieder ein anderer, der die Tische abwischt und die Stuehle wieder ranrueckt, hat¬†5 Stuehle zwischen zwei Tischen hin und hergetragen, die Stuehle haben zwar unterschiedliche Farben, am Schluss ist aber genau ein roter gegen einen gelben Stuhl getauscht gewesen…
Noch mehr Beispiele von Taetigkeiten, die wir als “unsinnig” einstufen wuerden? Wie bekommt man eine Pfuetze vor dem Hauptgebaeude weg? Es schnappt sich einer ne Suppenkelle und einen grossen Eimer und schoepft die Pfuetze leer (kein Witz!)!

Das Zeitempfinden und das Bewusstsein, was man mit seiner Zeit anfaengt ist also einfach anders hier. In der Freizeit macht sich das hauptsaechlich so bemerkbar, dass Verabredungen und Zeitangaben wirklich seeeehr strechable (= dehnbar) sind… Beispiel: Man sitzt in einem Cafe und will sich mit jemandem anders, woanders um 7Uhr treffen. Der andere schickt gegen 6:30h eine SMS, dass er sich auf den Weg zu diesem Ort macht (er braucht sagen wir mal eine viertel Stunde dorthin). Man selbst braucht eine halbe Stunde, schreib folglich zurueck, dass man sich auch gleich auf den Weg macht. Auf die Nachfrage, ob man um viertel vor schon unterwegs ist, schreibt man “Ja, gerade losgegangen”… Der andere (der ja eigentlich schon dort sein koennte) ist mit Sicherheit auch noch nicht da ;-) Wenn man sich dann um kurz nach 7Uhr auf den Weg macht, und um halb 8h ankommt wird man etwa 5min auf den anderen warten… So oder aehnlich laeuft eine typische Verabredung :-D

Ansonsten habe ich in der letzten Zeit noch zwei andere Deutsche kennengelernt, der eine sitzt hier bei der SAP in meiner Naehe und ist fuer eine Woche aus Walldorf angereist. Der andere heisst Michael, kommt aus Potsdam und macht auch drei Monate Praktikum in Bangalore, allerdings bei der Deutsch-Indischen-Handelskammer…